Mit Marlene Dietrich begann mein Studium an der Ruhr Universität Bochum. Ein verdunkelter Hörsaal. „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt. Und sonst gar nichts“ schepperte es aus dem Lautsprecher. 'Filmsemiotik‘ war das germanistische Seminar hochtrabend überschrieben. Heinrich Manns gewichtiges Werk „Professor Unrat“ verglichen wir mit dessen Verfilmung. Ihr Titel: „Der Blaue Engel“.
Für unsere Professorin zählte nur Heinrich Mann. ‚Der Blaue Engel‘ war effekthascherischer Schund und für sie geradezu ein Missbrauch der literarischen Vorlage. Uns Bochumer Germanistikstudenten beeindruckte vor allem - Marlene Dietrich. Der erste deutsche Hollywoodstar - eine Stilikone. Eine emanzipierte Diva. Mit Hosenanzug, Smoking & Zylinder. Für mich aber ist sie vor allem eine mutige Frau mit Kriegsnarben. 1930 emigrierte die Dietrich in die USA. Ich bin beeindruckt wie konsequent die gebürtige Berlinerin eine Rückkehr nach Nazi-Deutschland abgelehnt hatte. Obwohl Propagandaminister Joseph Goebbels sie mit hohen Gagen zu ködern versuchte. Und Hitler ihr einen Triumphzug durchs Brandenburger Tor versprach.
Die deutsche Staatsbürgerschaft legte sie mit Kriegsbeginn 1939 ab. Von den Nazis wurde sie daraufhin als „Judenfreundin“ und „Ami-Hure“ beschimpft. Viele Deutsche betrachteten Marlene Dietrich als „Vaterlandsverräterin“. Als sie im Herbst 1962 Düsseldorf besuchte wurde sie auf offener Straße angespuckt. Todesmutig begleitete Marlene Dietrich die amerikanischen Truppen in den letzten beiden Kriegsjahren von Afrika bis in die Ardennen. Nur knapp entkam sie während der Ardennenoffensive der Gefangennahme. Als sie 1944 mit US-Panzern in Stolberg einrollte , kannte sie Filzläuse , Ruhr und Ratten. Fotos zeigen sie im zerstörten Aachen und vor US-Panzern in der Gemeinde Roetgen, dem Tor zur Eifel. Als die US-Armee im Winter 1944 an der Front in der Nordeifel,im Hürtgenwald südlich von Aachen desaströse Verluste erlitten war die Dietrich an ihrer Seite. Dokumente darüber zeigt der Katalog: „Marlene Dietrich. Die Diva. Ihre Haltung. Und die Nazis“: Diesen sechs Jahre alten Katalog der Gedenkhalle in meiner Geburtsstadt Oberhausen werde ich mir an diesem Wochenende noch einmal ansehen.
Am 30. Todestag von Marlene Dietrich.